Der aktuelle Sternenhimmel

Sternkarte Mai 2025

 

Der Sternenhimmel Mitte Mai

Im Mai beginnt die Zeit der kurzen Nächte: Steht die Sonne Anfang des Monats in Bochum noch gut 9 Stunden unter dem Horizont, sind es Ende des Monats nur noch weniger als 8 Stunden. Mitte des Monats geht die Sonne gegen 5:30 MESZ auf und erst gegen 21:15 Uhr unter. Ab dem 23. Mai wird es – wenn man es sehr genau nimmt – gar nicht mehr richtig dunkel. Dann steht die Sonne selbst an ihrem tiefsten Punkt weniger als 18 Grad unter dem Horizont. Aufmerksame Beobachter können im Norden noch eine Aufhellung wahrnehmen, die die Beobachtung der Sterne stört. Sie sprechen von „Weißen Nächten“, die natürlich weiter im Norden viel ausgeprägter sind. Im Ruhrgebiet mit seinem immer von künstlichem Licht aufgehelltem Himmel bemerkt man nur wenig davon.

Gegen 23 Uhr ist es – ungeachtet der Weißen Nächte am Monatsende - dunkel genug, um bei vielleicht schon milden Temperaturen den Sternenhimmel des Frühjahres zu genießen.

Der Große Wagen, der Rücken und Schwanz des viel größeren, aber viel weniger leicht erkennbaren Sternbilds Große Bärin bildet, steht an einem Maiabend sehr hoch am Himmel.

Rutscht man die Deichsel des Großen Wagens herunter, gelangt man in einem Bogen zu einem sehr auffälligen, rötlichen Stern. Das ist der Arktur, der hellste Stern im Bärenhüter und zugleich auf der Nordhalbkugel des Himmels. Er gehört zum Frühjahrsdreieck. Die anderen Sterne dieser Figur sind die hellsten der Tierkreissternbilder Löwe und Jungfrau. Unterhalb der Jungfrau ist auch das kleine Sternbild Rabe gut zu sehen. Diese Sternbilder dominieren an einem Abend im Mai die südliche Himmelbühne.

Gegen 23 Uhr kann man im Westen noch zwei Planeten finden, die uns in den letzten Monaten durch einen großen Teil der Nacht begleitet haben.

Der helle Jupiter geht Mitte Mai schon vor Mitternacht unter. Langsam verabschiedet der größte aller Planeten sich vom Abendhimmel. Der äußere Nachbarplanet der Erde, der Mars ist zwar nur noch so hell wie ein heller Stern, aber dank seiner rötlichen Farbe immer noch auffällig. Er wandert durch das Sternbild Krebs und verschwindet erst nach 2 Uhr unter dem Horizont.

Im Osten gehen bereits die Sternbilder auf, die im Sommer die gesamte Nacht zu sehen sind. Dazu zählt der als Heldenfigur allerdings schwer erkennbare Herkules. Aber auch der viel einprägsamere Schwan steht am späten Abend mit etwa 20 Grad schon gut sichtbar über dem östlichen Horizont, Vega in der Leier ist auf eine Höhe über 30° geklettert, und auch der Adler erscheint bereits über dem Horizont.

Am Morgenhimmel, schon bei Beginn der Morgendämmerung, machen sich zwei weitere Planeten bemerkbar. Zuerst, gegen 4 Uhr, steigt der Saturn im Sternbild Fische über den Horizont. Der Ringplanet ist noch nicht sehr auffällig, auch weil er gegen 5 Uhr erst gut 8° hoch im Osten steht. Zudem ist er recht leuchtschwach. Das liegt auch daran, dass wir beinahe von der Kante auf seine Ringe schauen, die im Teleskop fast unsichtbar sind und nichts zu seiner Helligkeit beitragen. Die Sichtbarkeitsbedingungen des Saturn werden sich über die nächsten Monate hinweg stetig verbessern, da er immer früher aufgeht und damit einen größeren Teil der Nacht sichtbar sein und auch höher am Himmel stehen wird.

Der zweite Planet am Morgenhimmel, die Venus, geht zwar noch etwas nach dem Saturn auf, ist aber sehr viel heller, heller als alle anderen Objekte am Nachthimmel (außer natürlich dem Mond). Damit ist die innere Erdnachbarin bis in die Dämmerung hinein zu sehen. Im Juni wird die Venus ein noch auffälligerer „Morgenstern“ sein.

 

Highlight des Monats:
Der Große Wagen, der Polarstern und die Nordrichtung

Im Mai steht der Große Wagen am späten Abend beinahe im Zenit. Man muss sogar den Kopf in den Nacken legen, um ihn zu sehen. Es ist jetzt besonders leicht, das Sternenmuster, das das bekannteste des gesamten Himmels ist, als Himmelwegweiser zu benutzen: Verbindet man die äußeren Kastensterne des Wagens miteinander und verlängert ihren Abstand etwa fünfmal, findet man den Polarstern, die Deichselspitze des Kleinen Wagens oder die Schwanzspitze des Kleinen Bären.

Der Polarstern liegt nur etwas mehr als ein halbes Grad (oder einen Vollmond-Durchmesser) vom nördlichen Himmelspol entfernt. Damit liegt der Polarstern so nah am Himmelsnordpol, dass sich mit seiner Hilfe die Himmelrichtungen bestimmen lassen: Die kürzeste Verbindung vom Polarstern zum Horizont zeigt die Nordrichtung an. Die Genauigkeit ist für die meisten praktischen Zwecke völlig ausreichend.

Die Erdachse taumelt und zeigt nicht für immer in Richtung unseres heutigen Polarsterns.
Erdachse NASA
Foto: NASA, frei verwendbar

Diese einfache Regel für die Orientierung am Himmel ist für uns selbstverständlich, und sie funktionierte auch schon zur Zeit unserer Groß- und Urgroßeltern. Aber es ist keineswegs selbstverständlich, dass die Rotationsachse der Erde in Richtung eines hellen Sterns weist. Auf der Südhalbkugel der Erde ist das nicht das nicht der Fall: Im Gegenteil liegt der Himmelssüdpol in einer Gegend mit sehr wenig hellen Sternen.

Der Zyklus der Präzession
Der Zyklus der Präzession
Foto: Tau‘olunga (CC 2,5 generisch)

Und auch bei uns wies der heutige Polarstern nicht immer in Richtung Nordpol. Das liegt an einem Phänomen, das als „Präzession“ bekannt ist. Ähnlich einem Spielzeugkreisel taumelt die Erdachse – allerdings braucht sie sehr lange, bis sie einen Umlauf vollendet hat: beinahe 26.000 Jahre. Verursacht wird dieses Taumeln vor allem durch den Einfluss von Mond und Sonne auf die nicht perfekt kugelförmige Erde. Der Öffnungswinkel entspricht der Neigung der Achse zur Umlaufbahn der Erde: knapp 23,5 Grad.

Das ist nicht wenig, und es bedeutet, dass der heutige Polarstern nach einem halben Umlauf, in etwa 13.000 Jahren, mehr als 45 Grad vom Himmelsnordpol entfernt sein wird! Unsere fernen Nachfahren werden dann vielleicht den hellen Stern Vega in der Leier „Polarstern“ nennen, denn er wird dann weniger als 5° Abstand vom Pol haben.

Pro Jahrhundert macht die Präzession immerhin etwa 1.4 Grad oder drei Vollmond-Durchmesser aus. Das ist bei sorgfältiger Beobachtung sogar ohne Teleskop in einigen Jahrzehnten messbar. Daher wurde es schon im zweiten vorchristlichen Jahrhundert durch den antiken Astronomen Hipparcos entdeckt. Hipparcos und seine Zeitgenossen werden den Pol allerdings nicht mit unserem Polarstern gefunden haben: Vor gut 2.000 Jahren war er noch etwa 8 Grad vom Himmelpol entfernt, und der fast ebenso helle Kochab, der zweihellste Stern des Kleinen Wagens, war dem Nordpol näher.

Im Augenblick und noch für einige weitere Jahrhunderte können wir uns aber an dem kosmischen Zufall freuen, uns mit dem Großen Wagen und einem leicht sichtbaren Stern dicht am Himmelsnordpol unter den Sternen orientieren zu können.